Programm der Konferenz

„Tierzahlen runter, und zwar gerecht!“

Von Freitagabend bis Sonntagmittag haben wir Strategien zum Abbau der Tierzahlen diskutiert, die eine sozial-ökologische Transformation hin zu einem pflanzenbasierten Ernährungssystem ermöglichen.

FREITAG, 17.11.2023

ab 17 Uhr

Anreise

18:00 – 18:15 Uhr (im Münzenbergsaal)

Tanja Niggemeier, Faba Konzepte:

Begrüßung

18:15 – 19:00 Uhr (im Münzenbergsaal)

Dr. Franziska Gaupp, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung:

Unser heutiges Ernährungssystem ist global vernetzt und ernährt fast 8 Milliarden Menschen. Es trägt aber auch zum Klimawandel, zu Wasserverschmutzung, Entwaldung und Artenschwund, ungesunder Ernährung und unfairen Arbeitsbedingungen bei. Welche Rolle spielt die Reduktion von Fleischkonsum in der Transformation des Ernährungssystems? Und wie kann die Wissenschaft die Politik unterstützen, die richtigen Anreize für ein gesundes, umweltfreundliches und faires Ernährungssystem zu setzen?

Dr. Franziska Gaupp ist Senior Guest Scientist am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, wo sie zum Thema Transformation des Ernährungssystems arbeitet. Franziska studierte VWL an der FU Berlin und Ecological Economics an der University of Edinburgh. In ihrer Promotion am Environmental Change Institute der University of Oxford forschte sie zu Klimarisiken in den globalen Getreideanbaugebieten.

19:15 – 20:30 Uhr (im Münzenbergsaal)

Wer ist eigentlich mit mir auf dieser Konferenz und womit beschäftigen diese Menschen sich? Zum gemeinsamen Einstieg hören wir zunächst im Plenum ein paar knackige Projekt- und Organisationsvorstellungen. Im Anschluss habt ihr im Foyer die Gelegenheit, euch an Ständen weiter zu informieren und miteinander ins Gespräch zu kommen (Anmeldung erfolgte im Vorfeld).

20:30 Uhr

Ausklang

SAMSTAG, 18.11.2023

09:30 – 09:45 Uhr (im Münzenbergsaal)

Tanja Niggemeier und Friederike Schmitz, Faba Konzepte:

Über 750 Millionen Landtiere wurden 2022 in Deutschland für die Erzeugung von Fleisch, Milch und Eiern genutzt und geschlachtet. In den letzten Jahren sind die Zahlen nur leicht zurückgegangen. Wir beleuchten in diesem kurzen Einstieg insbesondere die Auswirkungen auf die betroffenen Tiere. Außerdem bewerten wir die bisherige Agrarpolitik der Ampelregierung, die als Ziel einen Umbau der Tierhaltung gesetzt hat und diesen u. a. über die Tierhaltungskennzeichnung und Förderprogramme für Tierhaltungsbetriebe umsetzen will. Wir zeigen auf, dass damit aber die massiven Probleme nicht gelöst werden. Statt eines halbherzigen Umbaus der Tierhaltung braucht es politische Maßnahmen für den Abbau.

Tanja Niggemeier arbeitet seit April bei Faba Konzepte. Darüber hinaus ist sie in unterschiedlichen Tierrechts- und Klimagerechtigkeitskontexten aktiv.

Dr. Friederike Schmitz ist Mitgründerin von Faba Konzepte und Autorin des Buchs „Anders satt: Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt“ (Ventil Verlag 2022).

09:45 – 10:00 Uhr (im Münzenbergsaal)

Patrick Müller, BUND:

Warum die deutliche Reduzierung der Tierhaltung auch aus Sicht eines Umweltverbandes notwendig ist
Der BUND ist ein klassischer Umwelt- und Naturschutzverband – eigentlich keine Tierschutz- oder Tierrechtsorganisation. Und trotzdem sieht auch seine Position zum Thema Landwirtschaft eine deutliche Reduktion der Tierhaltung vor, wenngleich auch keine komplette Abschaffung. Es soll hier die Notwendigkeit der deutlichen Reduzierung der Tierhaltung aus Umwelt- und Naturschutzsicht, sowie aus Sicht des Klimas im Vordergrund stehen. Denn diese machen (neben ethischen Aspekten) eine massive Reduktion des Konsums tierischer Produkte und eine stark veränderte und deutlich verringerte Tierhaltung notwendig – jedoch vorrangig mit naturwissenschaftlichen und nur indirekt mit ethischer Begründung. Eine Chance, noch weitere, andere Teile der Gesellschaft zu erreichen und zu überzeugen?


Patrick Müller ist seit Juni 2023 Referent für Agrarpolitik mit Schwerpunkt Tierhaltung beim BUND. Aufgewachsen in Vorpommern auf einem kleinen Nebenerwerbsbetrieb mit Gänsen, Schafen und Pferden, studierte er zunächst konventionell Landwirtschaft in Göttingen und Kiel sowie später Öko-Agrarmanagement in Eberswalde. Politisiert bereits im Elternhaus, engagierte er sich 2015/16 für das Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg. Nach dem Studium zunächst angestellt im Ministerium für Landwirtschaft in Brandenburg, entschied er sich explizit gegen die weitere ministerielle Laufbahn und für die politische Arbeit in NGOs. Vor der Arbeit beim BUND hat er unter anderem drei Jahre lang für die Tierschutzorganisation PROVIEH e.V. ein politisches Hauptstadtreferat aufgebaut.

10:00 – 10:30 Uhr (im Münzenbergsaal)

Podiumsgespräch mit Dr. Zoe Mayer, MdB:

Der von der Bundesregierung gewünschte Umbau der Tierhaltung führt nicht zum eigentlich notwendigen deutlichen Abbau der Tierzahlen. Wir sprechen mit Zoe Mayer darüber, woran das liegt und welche Optionen es für die Zukunft gibt, dieses Ziel zu erreichen.

Dr. Zoe Mayer (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit 2021 direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Stadtkreis Karlsruhe. Im Bundestag arbeitet sie als ordentliches Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft mit und setzt sich insbesondere für den Tierschutz und eine Ernährungswende hin zu weniger Tierprodukten ein.

10:45 – 11:45 Uhr (zwei Slots parallel)

Friederike Engelbrecht, Umweltbundesamt (im Münzenbergsaal) // KURZFRISTIG AUSGEFALLEN – WIR VERSUCHEN DEN VORTRAG NACHZUHOLEN:

Die irische Landwirtschaftsbehörde hat im Frühjahr 2023 vorgeschlagen, Milchviehbetriebe dafür zu entschädigen, 200.000 Milchkühe frühzeitig zu schlachten, um damit die verpflichtenden nationalen Klimaziele zu erreichen. Diese Ankündigung hat in den Medien vieler europäischer Länder zu einem kleinen Entrüstungssturm geführt. Auch der Plan der niederländischen Regierung, Betriebe aus der Tierhaltung herauszukaufen, sorgte und sorgt für politische Widerstände. Dabei ist es unbestritten, dass eine Reduktion von Nutztieren und insbesondere von Wiederkäuern grundlegend ist, um verpflichtende Klimaziele zu erreichen.
In unserem Beitrag wollen wir deshalb klären:

  1. wie relevant eine Reduktion der Tierproduktion konkret für das Erreichen europäischer und nationaler Klimaziele ist;
  2. warum gerade die Abstockung von Rindern nicht nur wichtig, sondern auch komplex und tierethisch herausfordernd ist;
  3. welche Programme und gesetzlichen Regelungen zur Abstockung von Tierbeständen in europäischen Ländern wie Irland, Frankreich und die Niederlande geplant sind und
  4. welche ersten Rückschlüsse sich bezüglich Zielerreichung, Kommunikation, Zeithorizont und möglicher Umsetzung solcher Programme in Deutschland ziehen lassen.

 

Dr. Anne Biewald
Agrarökonomin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet „Landwirtschaft“ am UBA. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlerin am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung mit Schwerpunkt Modellierung globaler landwirtschaftlicher Land- und Wassernutzungen.
 
Friederike Engelbrecht
Agrarökonomin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Ernährung und Landwirtschaft mit Zukunft“ im Fachgebiet „Landwirtschaft“ am UBA mit dem Schwerpunkt auf agrarumweltpolitischen Instrumente.

Margarethe Scheffler, Öko-Institut (im Seminarraum 2):

Die Ziele für den Sektor Landwirtschaft sind groß. Klimaschutz, Biodiversität, mehr Ökolandbau, Wiedervernässung der Moore, Agroforst, mehr Pflanzen für die stoffliche Nutzung. Wenn wir diese Ziele umsetzen, wird unsere Landwirtschaft anders aussehen und es wird weniger Fläche für die Produktion zur Verfügung stehen. Was bedeutet das für unsere Nachfrage? Auch diese wird sich ändern müssen, um die Ziele im Landwirtschaftssektor erfüllen zu können. Welches Konsummuster brauchen wir, um die Planetaren Belastungsgrenzen einzuhalten und eine steigende Weltbevölkerung zu ernähren? Die Eat Lancet Kommission hat mit der Planetary Health Diet eine Vorlage geschaffen wie das gelingen könnte. Könnten wir alle Ziele erfüllen wenn wir die Planetary Health Diet hier umsetzen und wie sähe unsere Landwirtschaft dann aus?

Margarethe Scheffler arbeitet seit über 15 Jahren am Öko-Institut im Bereich Energie- und Klimaschutz. Der Hauptfokus ihrer Arbeit liegt im Bereich der Landwirtschaft. Hier arbeitet sie in vielen unterschiedlichen Projekten an Treibhausgasprojektionen für die Landwirtschaft und der Entwicklung und Bewertung von Instrumenten und Maßnahmen für eine nachhaltige Landwirtschaft.

12:00 – 13:00 Uhr (zwei Slots parallel)

Johan Vollenbroek, Mobilisation for the Environment aus den Niederlanden (im Münzenbergsaal):

Was können wir von den Erfahrungen aus anderen Ländern lernen? In den Niederlanden führt die Tierhaltung zu besonders massiven Umweltproblemen. Um die viel zu hohen Stickstoffeinträge zu reduzieren, setzt die Regierung mittlerweile u.a. auf das Aufkaufen und Schließen von tierhaltenden Betrieben. Die Situation ist geprägt von Protesten und Druck auf die Politik. Wogegen genau richtet sich diese Unzufriedenheit und aus welchen Gründen? Wie könnten Maßnahmen auf breitere Akzeptanz stoßen? Wie geht es nun in den Niederlanden weiter?

Der Umweltaktivist und Chemiker Johan Vollenbroek ist Vorsitzender der NGO Mobilisation for the Environment (MOB). Gemeinsam mit dieser hat er bereits zahlreiche gerichtliche Prozesse geführt, um Verstößen gegen bestehende Umweltvorschriften entgegenzuwirken. Überregional bekannt wurde er 2019 durch eine Klage, die dazu führte, dass nun die Stickstoffeinträge in den Niederlanden halbiert werden müssen. Die hieraus resultierenden Herausforderungen werden unter dem Begriff „Stickstoffkrise“ debattiert.

Dr. Philipp von Gall, GALLO Beratung für Agrar- und Tierpolitik (im Seminarraum 2):

Die Reduktion der Tierzahlen wird aktuell meist aus Klima- und Umweltschutzgründen gefordert. Der Tierschutz spielt dabei eine zurückhaltende und unklare Rolle. Traditionell wird der Anspruch von Abschaffung und Abbau der Tiernutzung dem Tierrechtsansatz zugeschrieben. In Abgrenzung dazu galt in der politischen Sprache der Tierschutz als Fokus auf den Schutz des Wohlergehens lebender Tiere. Der Ersatz landwirtschaftlicher Tierhaltung durch seine pflanzlichen und anderen Alternativen gilt heute zumindest im staatlich-rechtlichen Bereich nicht als Tierschutz. Dagegen ist der Ersatz und Reduktion der Tierzahlen als Teil des 3Rs-Prinzipes bei Tierversuchen ein anerkanntes Tierschutz-Prinzip.

Der Vortrag präsentiert zwei Ansätze, wie eine Reduktion der Tierhaltung als Tierschutzprinzip legitimiert werden kann. In beiden Fällen ist die “Reduktion von Tierzahlen” aber kein direktes Tierschutz-Ziel, sondern lässt sich nur indirekt rechtfertigen, indem qualvolle Lebenszustände abgebaut, und dafür an anderer Stelle gutes Leben ermöglicht werden. Die Parameter für diese Bewertung müssen noch deutlicher erarbeitet werden, um ihre Akzeptanz abzufragen. Unter Rechtfertigungsdruck steht aber nicht nur die Forderung nach Tierzahlreduktion, sondern – vor allem – der menschliche Eingriff in die Reproduktion von Tieren. Klar wird: Forderungen nach Tierzahlreduktion brauchen einen tierethischen Rahmen, auch wenn sie umwelt- oder gesundheitspolitisch motiviert sind. 
Abschließend beschreibt der Vortrag das Potential, den Ersatz der Tierhaltung durch Alternativen als Tierschutz einzustufen: auch als Potential für den Klima- und Umweltschutz sowie den Erfolg des alternative protein-Sektors.

Dr. Philipp von Gall ist Berater und Dozent in den Bereichen Agrarpolitik und Tierhaltung. Er arbeitet mit NGOs sowie staatlichen Bildungs- und Forschungsorganisationen zusammen. Ein aktueller Schwerpunkt ist die politische Vertretung des Tierschutzes und der Tiere.

13:00 – 14:00 Uhr

Gemeinsames Mittagessen

14:00 – 15:00 Uhr, zwei Slots parallel

Matthias Welzel, TransFARMation Deutschland (im Münzenbergsaal):

Für eine erfolgreiche, schnelle Umsetzung der Agrarwende sind die Landwirt:innen als zentrale Akteur:innen und wichtige politische Kraft unverzichtbar. Dabei befinden sie sich aktuell in einem komplexen Geflecht aus Traditionen und Tierethik, wirtschaftlichen Zwängen und politischen Unsicherheiten, aus Klimawandelfolgen und sozialen Konflikten.

Wie können transFARMierte Betriebe dieses lähmende Geflecht durchbrechen? Wo liegen aktuell die größten Schmerzpunkte für die Landwirt:innen? Welche neuen Narrative ergeben sich durch die TransFARMation für die Landwirtschaft und inwiefern trägt dies zu einer gesellschaftlich unterstützten Transformation bei? Und wie können politische Akteur:innen diese Erkenntnisse nutzen, um den Wandel voranzutreiben und zu beschleunigen?

Über diese und weitere Fragen diskutiert Matthias Welzel von TransFARMation Deutschland mit Stefanie Mühlbacher, Marco Möller und Daniel Hausmann.

Matthias Welzel hat regenerative Energien studiert und dabei festgestellt, dass neben der Energie- die Agrarwende für unsere Zukunft essenziell ist und hierbei sogar eine noch größere Lücke zwischen Ambitionen und notwendigen Veränderungen besteht. Die Spuren von Tierethik und Ökologie führten ihn auf den Hof Narr in der Schweiz, wo er 8 Monate gearbeitet und an der TransFARMation mitgewirkt hat. Nun ist er Projektleiter von TransFARMation Deutschland, wo er für Beratung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Stefanie Mühlbacher hat Anfang 2023 den Lebenshof Kuhtopia im oberbayerischen Petting mitgegründet. Gemeinsam mit Helen Hinrichs hat sie den kleinen 16ha-Hof vom „Milchvieh“-Betrieb auf einen Tier- und Naturschutzhof umgestellt. Die Motivation dazu kam aus dem persönlichen Kontakt und den Freundschaften mit den Tieren, aber auch aus dem Wissen um die schwerwiegenden ökologischen und sozialen Folgen der Nutztierhaltung. Kuhtopia soll ein sicherer Hafen für sogenannte „Nutztiere“ sein und ein Ort, an dem Menschen andere Tiere als Persönlichkeiten kennen lernen können. Außerdem werden auf dem Hof biologische Lebensmittel wie Apfelsaft und Nüsse produziert und verschiedene Naturschutzmaßnahmen umgesetzt.

Marco Möller ist auf einem Bio-Betrieb mit 120 ha vor den Toren Hamburgs aufgewachsen. Dorthin zieht es ihn nun zurück und er übernimmt in den kommenden Jahren gemeinsam mit seinem Bruder den elterlichen Hof. Ihre TransFARMation hat bereits begonnen – ab nächstem Jahr sollen keine Milchkühe mehr auf dem Betrieb gehalten werden, stattdessen wird auf biozyklisch-veganen Anbau umgestellt. Der Hof soll zu einem Bildungszentrum für zukunftsfähige Landwirtschaft, Nachhaltigkeit und Tierethik werden.

Daniel Hausmann hat 2012 den elterlichen Betrieb bei Leipzig übernommen, der zu diesem Zeitpunkt auf 24 ha konventionellen Getreideanbau sowie Mutterkuhhaltung betrieben hat. Während seines Studiums „Ökolandbau und Vermarktung“ in Eberswalde stellte er 2014 den Betrieb auf Ökolandbau um, doch nicht nur das: Er beendete auch die Rinderhaltung und begann als einer der ersten in Deutschland, auf seinem Hof nach den biozyklisch-veganen Richtlinien zu wirtschaften. Seine langjährige Erfahrung gibt er nun auch an andere weiter und ist als Fachberater für TransFARMation Deutschland tätig.

Jens Tuider, ProVeg (im Seminarraum 2):

15:15 – 16:15 Uhr (zwei Slots parallel)

Dr. Florian Freund, Thünen-Institut (im Münzenbergsaal):

Immer mehr Menschen essen weniger tierische Produkte. Im landwirtschaftlichen Sektor wird das oftmals kritisch gesehen. Wir haben das genauer erforscht und herausgefunden, dass diese Befürchtungen nicht unbedingt angebracht sind. Demnach könnten in Deutschland die Agrareinkommen bei einer „planetary health diet“ lanfgfr. sogar um 20% ansteigen! Dennoch gibt es kurz- und mittelfristige Einkommensrückgänge. In der Schweine- und Geflügelbranche sind Einkommenseinbußen bis zu 50% möglich. Dafür könnten Betriebe im Gartenbau ihre Einkommen um bis zu 50% steigern. Da eine Umstellung der Ernährung mit diversen positiven Effekten verbunden ist, sollte die Politik dies mit einem entsprechenden Maßnahmenmix fördern und dabei die kurzfristigen Anpassungskosten nicht aus dem Auge verlieren.

Dr. Florian Freund arbeitet als Volkswirt am Thünen-Institut für Marktanalyse und ist Lehrbeauftragter an der TU Braunschweig. Er war Gastwissenschaftler an der Uni Oxford und forscht zu nachhaltigen Ernährungssystemen.

Dieser Slot bietet Raum zur Vertiefung von Diskussionen und für beitragsübergreifende Austausche. Zu Beginn dieses Open Space sind alle Teilnehmenden eingeladen, Themen einzubringen. In einem moderierten Plenum steigen wir dann inhaltlich ein und teilen uns anschließend ggf. in Kleingruppen auf.

16:15 – 16:45 Uhr

Kaffeepause

16:45 – 17:00 Uhr (im Münzenbergsaal)

Stimmen aus den Slots

17:00 – 19:00 Uhr (im Münzenbergsaal)

Podiumsdiskussion:

Mit welchen politischen Maßnahmen kann ein Abbau der Tierzahlen auf gerechte Weise gelingen?

Moderation: Catharina Rubel

Mit:

  • Martin Hofstetter, Greenpeace
  • Gesine Langlotz, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland
  • Dr. Anne Margarian, Thünen-Institut
  • Dr. Friederike Schmitz, Faba Konzepte

Martin Hofstetter ist Agrarwissenschaftler und arbeitet in der politischen Vertretung von Greenpeace Deutschland als Experte für nachhaltige Landwirtschaft, Umbau der Nutztierhaltung und Agrar-Biodiversität.

Gesine Langlotz ist Baumwartin und Ausbilderin an der Obstbaumschnittschule, da selbst landlos. Sie engagiert sich bei der AbL Mitteldeutschland zur Bodenpolitik sowie im Netzwerk Flächensicherung.

Dr. Anne Margarian ist Agrarökonomin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut für Marktanalyse im Arbeitsbereich „Analyse der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ in Braunschweig. Sie ist Mitautorin des Thünen Reports „Regionalwirtschaftliche Auswirkungen einer Reduzierung der Tierhaltung in Konzentrationsgebieten“.

Dr. Friederike Schmitz ist Mitgründerin von Faba Konzepte und Autorin des Buchs „Anders satt: Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt“ (Ventil Verlag 2022). Sie engagiert sich seit langem in der Tierrechts- und Klimabewegung.

ab 19:00

Gemeinsames Abendessen

SONNTAG, 19.11.2023

09:00 – 10:10 Uhr, zwei Slots parallel

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, Leipzig (im Münzenbergsaal) KURZFRISTIG AUSGEFALLEN – WIR VERSUCHEN DEN VORTRAG NACHZUHOLEN:

Seit vielen Jahren wird über Umbau und Abbau der Tierhaltung geredet. Der Vortrag adressiert die zwei zentralen Probleme dieser gängigen Debatte: Zum einen ist anhand rechtsverbindlicher (vor allem internationaler) Ziele speziell zum Klimaschutz, zum Biodiversitätsschutz, zum Recht auf Nahrung, aber auch in (teils kritischer) Auseinandersetzung mit ökozentrischen Ansetzen genauer als in den gängigen Debatten benennbar, wie stark die Tierhaltung in welchem Zeitrahmen sinken muss. Der Vortrag zeigt, dass global eine Reduktion um rund drei Viertel bis 2035 angezeigt ist. Zum anderen müssen die dafür benötigten Instrumente sich weitgehend von den bisher diskutierten Maßnahmen wie höhere Mehrwertsteuer für tierische Produkte, bessere Haltungsbedingungen, Fleischsteuer oder Subventionsumbau lösen. Nötig ist vielmehr eine echte Mengensteuerung auf EU-Ebene im Gestalt eines weiteren Emissionshandelssystems, verbunden mit einer gestärkten Flächenbindung und einem Grenzausgleichssystem. Der Vortrag stellt – neben der Zielfrage – diesen Steuerungsansatz näher dar, der in der von Felix Ekardt geleiteten Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik entwickelt wurde. Ohne derartige Ansätze ist ein rascher Abbau der Tierhaltung kaum möglich respektive würde der Abbau, der vorgeblich auch durch die gängigerweise diskutierten Instrumente bewirkt wird, in Wirklichkeit nur eine Verlagerung der Tierhaltung in andere Staaten bedeuten. Für die Wirksamkeit von Instrumenten spielt dabei auch ein interdisziplinärer Blick auf die Transformationsbedingungen zur Nachhaltigkeit eine Rolle, insbesondere auf Motive und komplexes Zusammenwirken verschiedener Akteure.

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A. – Jurist, Philosoph und Soziologe – ist nach sechs Jahren als Professor an der Uni Bremen seit Anfang 2009 Gründer und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin. Ferner ist er seit Anfang 2009 an der Universität Rostock (Juristische und Interdisziplinäre Fakultät) Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie und Mitglied des Leibniz-Wissenschaftscampus Phosphorforschung Rostock. Von Oktober 2012 bis Oktober 2015 war er zugleich Long-term Fellow am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (FIPH). Seine Forschungsschwerpunkte sind Fragen der humanwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung, konkret Fragen von Transformation und sozialen Lernprozessen, Gerechtigkeit (insbesondere Menschenrechte), Governance und Recht, also Nachhaltigkeitsrecht/ Umweltrecht und Nachhaltigkeitspolitik/ Umweltpolitik im Sinne einer Entwicklung von Politikinstrumenten auf internationaler, europäischer, nationaler und kommunaler Ebene. Er initiierte die erfolgreiche Klimaklage vor dem BVerfG und bereitete diese seit 2000 wissenschaftlich vor.

Lucia Müller und Michael Krack, Aktion Agrar (im Seminarraum 2):

Workshop mit interaktiven Methoden

Millionen von Hektar in Südamerika sind belegt – nicht von den Äckern der Menschen, die dort sich und ihre Gesellschaft ernähren, sondern von Sojamonokulturen für die globalisierte Tierindustrie. Flächen, die massiv mit Pestiziden besprüht werden, damit sie die Erträge bringen, die die Sojafarmer erhoffen. Flächen, von denen Menschen mit Gewalt vertrieben werden. Dann fährt Soja um die halbe Welt. Über 11.000 Kilometer zum Beispiel bis nach Norddeutschland.
Wer agiert hier? Wer verarbeitet Soja hierzulande? Warum wird aus den wertvollen Eiweißpflanzen in den Tierhaltungsregionen ein gefährlicher Gülle-Überschuss? Was wären – neben viel, viel weniger Tieren in der Landwirtschaft – die Alternativen zum Sojaanbau?
Im Workshop tragen wir sowohl Fakten und Hintergründe zusammen als auch Ideen für eigene Einmischungen, für wirksamen Protest. Wir freuen uns auf Euch.

Aktion Agrar stemmt sich gegen eine Agrarpolitik, die das Gemeinwohl aus ihren Augen verloren hat und kämpft für eine nachhaltige, soziale und bäuerliche Landwirtschaft. Gegen die Widerstände der Agrarindustrielobby schaffen wir die Agrarwende nur in einer gemeinsamen Anstrengung zusammen mit Landwirt:innen und interessierten Verbraucher:innen. Aktuell arbeitet Aktion Agrar zu Futtermittelimporten und Fleischkonzernen.

10:25 – 11:35 Uhr, zwei Slots parallel

Podiumsgespräch mit Alina Gieseke vom Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau & Prof. Dr. Gerold Rahmann vom Thünen-Institut (im Münzenbergsaal):

Die Prinzipien des Ökolandbaus umfassen eine vorsorgende und verantwortungsvolle Handlungsweise gegenüber jetzigen und folgenden Generationen sowie der Umwelt und Gerechtigkeit gegenüber allen Lebewesen. Hieraus resultieren für die Bio-Branche sowohl eine Verantwortung als auch ein enormes Potenzial, den Abbau der Tierzahlen und die Transformation hin zu einem pflanzenbasierten Ernährungssystem aktiv mit voranzubringen. Die Reduktion tierischer Nahrungsmittel ist außerdem flächenmäßig eine Voraussetzung für den weiteren Ausbau des Ökolandbaus. Gleichzeitig stellt die Tierhaltung jedoch aktuell eine zentrale Ausrichtung der Bio-Branche dar. Welche Hemmnisse stehen also einem progressiven Beitrag der Bio-Branche im Weg? Wie lassen diese sich reduzieren und wie lässt sich das Potenzial ausschöpfen?

Diese Thematik wollen wir im Rahmen eines Podiumsgesprächs diskutieren. Hieran teilnehmen wird zum einen Alina Gieseke vom Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. Sie hat Ökologische Agrarwissenschaften an der Universität Kassel sowie Human-Animal Interactions an der Veterinärmedizinischen Universität Wien studiert und ist offizielle Teilnehmerin beim BMEL-Dialognetzwerk zukunftsfähige Landwirtschaft. Weiterhin nimmt Prof. Dr. Gerold Rahmann teil. Er leitet das Institut für Ökologischen Landbau am Thünen-Institut und ist Honorarprofessor für Kleine Wiederkäuer an der Universität Kassel. Neben seinen vielfältigen wissenschaftlichen Bezügen zum Ökolandbau kommt er aus der Praxis – seit Jahrzehnten lebt er zusammen mit landwirtschaftlicher Tierhaltung.

Diskussion (im Seminarraum 2):

Die hohen Tierzahlen sind nicht zuletzt im Interesse großer Konzerne, für die mehr Tiere vor allem mehr Profit bedeuten. Unternehmen wie Tönnies, die PHW-Gruppe (Wiesenhof) und die DMK-Gruppe (Deutsches Milchkontor) haben eine erhebliche Marktmacht, denen Tierhalter*innen und Beschäftige auf der einen Seite sowie Konsument*innen auf der anderen Seite aktuell wenig effektiv entgegensetzen können.

Eine Reduktion der Tierzahlen steht den Interessen der Tierindustrie entgegen, und dementsprechend setzt sie sich in der öffentlichen Debatte sowie in Hinterzimmern gegen effektive Maßnahmen und für ein Weiter-So ein. Dabei stellt sich insbesondere in Zeiten von Inflation und zunehmender Armut auch die grundlegende Frage, ob die Erzeugung von Grundnahrungsmitteln wirklich am Profit orientiert sein sollte oder es nicht andere, bedürfnisorientierte und demokratische Wirtschaftsformen bräuchte.

In Bezug auf andere Branchen wird bereits der Ruf nach Vergesellschaftungen lauter. So stimmten in einem Volksentscheid der Kampagne Deutsche Wohnen und Co. enteignen im September 2021 in Berlin über 59% der Wähler*innen für eine Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne. Und auch bei den Themen Mobilität und Energie laufen aktuell Kampagnen für eine Vergesellschaftung und Umwandlung von Großkonzernen wie VW und RWE und Co. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Konzerne in Gemeineigentum überführt werden, sei es Eigentum eines sozialen Kollektivs oder ggf. übergangsweise des Staates. Es geht auch um einen grundlegenden Wandel hin zu einer nachhaltigen Produktion.

Ob Vergesellschaftung auch eine Antwort auf die Konzernmacht in der Tierindustrie und die wirtschaftlichen Zwänge auf den tierhaltenden Betrieben sein könnte, diskutieren wir mit folgenden Beiträgen:

  • Melanie Bujok, Gemeinsam gegen die Tierindustrie: Unterdrückung von Tieren, Ausbeutung von Arbeiter*innen, Klimakrise, globalen Hunger und Neo-Kolonialismus beenden – Warum Vergesellschaftung und Konversion von Tönnies & Co. hierbei wichtig oder gar unerlässlich sind.
  • Friederike Habermann: Von der Mitbestimmung des Huhns. Oder: Vergesellschaftung bedeutet Demokratisierung – aber ist Demokratie über das Menschliche hinaus möglich?
  • Paul Classen und Gesine Langlotz, junge Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft: Raus aus der Schuldenfalle! – Wie Umstiege von tierhaltenden Betrieben durch Schuldenschnitte und Diversifizierungsprämien ermöglicht werden, und wie garantierte Abnahme und Preisbindung der landwirtschaftlichen Produkte zugleich einen Beitrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge leisten muss, die auch das Höfesterben stoppt.

Moderation:

  • Ena Fölz ist Klimaaktivistin und Campaignerin in sozialen Bewegungen. Sie ist seit 5 Jahren in verschiedenen Bereichen der Klimagerechtigkeitsbewegung aktiv.
  • Frederic Markert ist Mitgründer von Faba Konzepte und seit einigen Jahren in der Agrar- und Ernährungswendebewegung aktiv, unter anderem im Ernährungsrat Kassel und Region.

Teilnehmende:

  • Melanie Bujok ist kritische Sozialwissenschaftlerin, politische Aktivistin, Autorin und Mitherausgeberin des Sammelbands „Das Mensch-Tier-Verhältnis: Eine sozialwissenschaftliche Einführung“ (Springer VS 2015).
  • Friederike Habermann ist Ökonomin und Historikerin sowie Autorin und Aktivistin. Das Huhn, das leider ungefragt zu Chicken Nuggets wurde, entstammt ihrem gerade erscheinenden Buch Overcoming Exploitation and Externalisation. An Intersectional Theory of Hegemony and Transformation (Routledge).
  • Paul Classen und Gesine Langlotz engagieren sich bei der Jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und setzen sich dort für den Erhalt von Höfen und eine gerechte Agrarpolitik ein. Sie kommen aus der Landwirtschaft und Klimagerechtigkeitsbewegung und betrachten Landwirtschaft als wichtiges Feld für die öffentliche Daseinsfürsorge.

11:50 – 13:20 Uhr (im Münzenbergsaal)

Podiumsdiskussion:

Mit welchen Strategien und Allianzen können wir den Abbau der Tierzahlen politisch voranbringen?

Moderation: Frederic Markert, Faba Konzepte

Mit:

  • Annemarie Botzki, Foodwatch
  • Rike Lorenz, Gemeinsam gegen die Tierindustrie
  • Benjamin Luig, EVW / Faire Mobilität (Gewerkschaftsnahe Beratungsstellen)
  • Lucia Müller, Aktion Agrar

Annemarie Botzki arbeitet seit April 2022 als Campaignerin bei foodwatch. Sie streitet für eine bessere Landwirtschaft, würdige Tierhaltung und echten Klimaschutz.

Rike Lorenz engagiert sich bei Gemeinsam gegen die Tierindustrie. In ihrem Aktivismus hat sie einen Fokus auf die Folgen der Tierhaltung für Klima und Umwelt und interessiert sich insbesondere für die Ökonomie der Tierindustrie und Perspektiven auf eine gerechte und klimafreundliche Landwirtschaft. Beruflich ist sie Meteorologin und forscht zu Auswirkungen von Klimaextremereignissen.

Benjamin Luig hat Wirtschaftsgeschichte studiert und arbeitet seit 2011 bei Nichtregierungsorganisationen sowie politischen Stiftungen zu Fragen von Agrarpolitik und Arbeitsrechten in der Landwirtschaft. Seit 2021 ist er Koordinator für die Branchen Bau und Landwirtschaft bei den gewerkschaftsnahen Beratungsorganisationen Faire Mobilität und Europäischer Verein für Wanderarbeiterfragen (EVW). Er koordiniert zudem die Initiative Faire Landarbeit.

Lucia Müller arbeitet als Campaignerin bei Aktion Agrar. Sie ist studierte Agrar-Umweltpolitikwissenschaftlerin und ausgebildete Landwirtin. Im bäuerlichen Betrieb ihrer Eltern engagiert sie sich weiterhin.

13:20 – 13:30 Uhr (im Münzenbergsaal)

Gemeinsamer Abschluss

13:30 – 15:00 Uhr

Mittagessen

Weitere Infos zur Konferenz und Anmeldung

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