Podium zu "Ökolandbau: mit oder ohne Tiere"

Ökolandbau mit oder ohne Tierhaltung? Zu Besuch auf der Biofach-Messe

Die Leitmesse der Biobranche in Nürnberg bot Gelegenheit, sich über spannende Entwicklungen und Produkte zu informieren, wichtige Zukunftsfragen zu diskutieren und mit diversen Akteur:innen ins Gespräch zu kommen. Für Faba Konzepte war Friederike Schmitz an zwei Tagen vor Ort. Hier folgt ihr Bericht.
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Die Biobranche ist in Bewegung! Lange galt in der Szene die Tierhaltung als wichtiger oder gar unverzichtbarer Teil des Ökolandbaus. Genau darüber wird aber jetzt kontrovers diskutiert – die Biofachmesse lieferte dafür ein Forum und zeigte außerdem an zahlreichen Ständen, wie vegan viele Unternehmen bereits aufgestellt sind.

Podiumsdiskussion zur Zukunft der Biotierhaltung

Bei einer Veranstaltung zum Thema „Ökolandbau: Mit oder ohne Tiere“, die im Hauptmesseprogramm lief, war ich als Podiumsgast auf der Bühne. Dort konnte ich vor etwa 50 Zuhörer:innen dafür argumentieren, dass die ökologische Tierhaltung nicht so sinnvoll oder harmlos ist, wie sie gern dargestellt wird. Um Artenvielfalt zu schützen und die Klimakrise zu bremsen, so meine Position, müssen die Tierzahlen auch im Ökolandbau sinken und stattdessen der Fokus darauf liegen, pflanzliche Nahrungsmittel zu erzeugen.

Zu derselben Forderung gelangt man, wenn man einen ehrlichen Blick darauf wirft, wie es den Tieren in der ökologischen Tierhaltung geht – denn da zeigt sich, dass die Unterschiede zur konventionellen Haltung gering sind. Die Tiere werden auch in ökologischer Freilandhaltung massiv in ihren Bedürfnissen eingeschränkt, Krankheiten und Leiden nimmt man aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf, auf Familienbande wird keine Rücksicht genommen und das Leben der Tiere endet in der Regel nach einem Bruchteil ihrer möglichen Lebensdauer im Schlachthof.

Mit mir auf dem Podium saßen der Präsident des Bioverbands Naturland, Hubert Heigl, sowie der Journalist und Autor Stefan Michel, der kürzlich das Buch „Fleisch fürs Klima“ veröffentlicht hat. Die beiden verteidigten aus verschiedenen Perspektiven bestimmte Formen der Biotierhaltung. Michel meinte zum Beispiel, die Weidehaltung von Rindern sei aus Klimasicht unproblematisch. Heigl verwies u. a. auf die Rolle der Tierhaltung in Nährstoffkreislaufen. Moderiert wurde die Diskussion von Leo Frühschütz, dem Redaktionsleiter der Zeitschrift Ökologie & Landbau. In der Januar-Ausgabe dieser Zeitschrift gab es mehrere Artikel zum Schwerpunktthema „Tierhaltung“, darunter auch einen Beitrag von mir mit dem Titel „Die Biozukunft ist vegan“.

Eine Aufnahme der Podiumsdiskussion ist online verfügbar.

Dass die Grundsatzkritik an der Tierhaltung sowohl in der Zeitschrift als auch auf der Messe solchen Raum bekam, ist ein klares Zeichen dafür, wie sich die Debatte in der Szene entwickelt: Es ist keineswegs mehr selbstverständlich, dass zum Ökolandbau auch so genannte Nutztiere gehören. Darauf deutet auch die aktuelle Ausgabe des Magazins, das der Bioland-Verband herausgibt, hin: Unter dem Titel „Vegan wächst“ werden Molkereien vorgestellt, die Hafermilch ins Programm genommen haben. Außerdem gibt es darin Informationen zum veganen Anbau und ein Portrait des Betriebs von Daniel Hausmann in Sachsen. Der Weg hin zu einer rein pflanzlichen Bio-Nahrungsmittelproduktion wird so für ein großes Publikum immer greifbarer.

Pflanzliche Lebensmittel und rein vegane Unternehmen

Eine wichtige Rolle für diese Entwicklung spielt der Förderkreis biozyklisch-veganer Anbau, der auf der Messe mit einem eigenen Stand und mehreren Veranstaltungen präsent war. In der „Erlebniswelt Vegan“ fand am ersten Messetag ein Panel zum Thema „Bio, vegan, biozyklisch-vegan? Vegane Wertschöpfungsketten gemeinsam vom Feld bis zum Teller neu denken“ statt.

Am zweiten Tag konnte ich einem weiteren Podiumsgespräch lauschen unter dem Titel „Wege zu einem neuen Mensch-Tier-Verhältnis in der Landwirtschaft – Mit Empathie und Frauen*power“, das Anja Bonzheim vom Förderkreis biozyklisch-veganer Anbau moderierte. Mit dabei war Sarah Heiligkeit vom Hof Narr in der Schweiz, die schon über 100 landwirtschaftliche Betriebe dabei beraten und unterstützt hat, von der Tierhaltung auf andere Einkommensquellen umzusteigen. Viele davon sind motiviert durch ihr Mitgefühl – sie wollen Kühe und Kälber nicht mehr trennen, ihre Tiere nicht mehr zum Schlachthof schicken. Alina Gieseke vom Förderkreis schilderte, wie dieser sich für eine Verbreitung der biozyklisch-veganen Anbauweise einsetzt. Ebenfalls auf dem Podium war die Landwirtin Annette Möller, die jahrzehntelang einen traditionsreichen Milchbetrieb bewirtschaftete, der jetzt von ihren beiden vegan lebenden Söhnen übernommen und in einen veganen Betrieb umgewandelt wird.

In der „Erlebniswelt Vegan“ fanden außerdem zwei vegane Kochshows statt, an denen ebenfalls Aktive vom Förderkreis biozyklisch-veganer Anbau beteiligt waren.

Aufnahmen aller Veranstaltungen sind zu finden, wenn man auf dieser Seite unter „Zum Programm“ im Suchfeld einen Namen oder ein Stichwort aus dem Titel eingibt.

Am Stand vom Förderkreis biozyklisch-veganer Anbau erfuhr ich auch, dass das Interesse von Landwirt:innen an dem Thema seit Jahren stark zunimmt und verschiedene Institutionen und Verbände dem gegenüber viel aufgeschlossener sind, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Veranstaltungen zum veganen Ökolandbau

Ich bin mehrere Stunden durch die großen Messehallen geschlendert. Das Wort „vegan“ war an zahlreichen Ständen sehr präsent – man kam auf der Messe an dem Thema nicht vorbei. Unter den Ausstellenden gab es mehrere Pionier:innen der veganen Bewegung wie Wheaty, Taifun Tofu oder Wilmersburger Käse. Ich fand es spannend, mit ihnen über ein paar Knackfragen der Produktion zu sprechen.

Von Wheaty habe ich zum Beispiel gelernt, dass deren zentraler Rohstoff, das Weizeneiweiß, eigentlich ein Reststoff oder zumindest ein Koppelprodukt der Erzeugung von Weizenstärke ist. Taifun Tofu erklärte am Stand, dass das Unternehmen seit vielen Jahren Sojasorten züchtet, die an die Bedingungen in Mitteleuropa besser angepasst sind. Die Menschen hinter Wilmersburger Käse berichteten, dass sie ihre Rezepturen geändert haben und statt Kokosöl jetzt u. a. heimisches Rapsöl verwenden – eine tolle Entwicklung, weil die Produktion von Kokosöl ökologisch oft desaströs ist.

Ich konnte bei zahlreichen weiteren großen und kleinen, neuen und alten Anbietern pflanzliche Produkte probieren – neben rein veganen Firmen gibt es meinem Eindruck nach auch immer mehr Unternehmen, die eine rein pflanzliche Bio-Sparte etabliert haben und dabei offensiv mit dem Begriff „vegan“ werben.

Etwas enttäuschend waren im Vergleich dazu die Angebote der Restaurants und des Caterings auf der Messe: In der VIP-Lounge, zu der ich als Referentin Zugang hatte, gab es belegte Brötchen und Suppe, aber keinerlei vegane Optionen. Außerdem gab es bei mehreren Ständen, an denen man Tellergerichte oder Snacks kaufen konnte, entweder nichts Veganes oder es war kaum günstiger bzw. sogar teurer als die Optionen mit Fleisch oder Milchprodukten.

Es sind also immer noch dicke Bretter, die wir zu bohren haben. Aber die Erlebnisse auf der Messe haben mich insgesamt doch davon überzeugt, dass in der Biobranche gerade sehr vielversprechende Entwicklungen passieren – ich will das unbedingt weiter verfolgen und hoffe, dass ich nächstes Jahr auf der Biofach-Messe wieder dabei sein kann.

Titelbild (oben): © Daniel Mettke

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